Versuchsfeld Kunst und Landschaft und KUNSTWEGEN präsentieren neues Werk
13-10-2024
Vom 11. Juni bis 19. September 2021 ist in den Flussauen der Vechte bei der niederländischen Stadt Zwolle das Kunstwerk “Sleepwalking into the Antropocene” von John Isaacs (1968) zu bewundern. Es wurde im Auftrag der Stiftung KUNSTWEGEN in Zusammenarbeit mit ‚Proeftuin Kunst en Landschap 2021‘ (Versuchsfeld Kunst und Landschaft 2021) erstellt. Der genaue Standort dieses faszinierenden Kunstwerks ist De Struinwaard, ein besonderes Gebiet am Berkummerkolk, in der Höhe von Het Nieuwe Verlaat, Maatgravenweg 4 in Zwolle.
An den Ufern der Vechte liegt ein großer, schlafender Kopf im Gras. Die Augen sind still geschlossen, der Betrachter sieht die straffen Formen von Mund und Nase, der Mund ist ein wenig geöffnet, die Haare straff nach hinten gezogen, die Figur scheint in Träumerei versunken … aber der Kopf von Isaacs Skulptur ist irgendwie eingedrückt…
Trotzdem ist hier eine deutliche Verweisung auf ein anderes Werk zu erkennen: auf Constantin Brâncușis ‚Sleeping Muse‘.
Brâncuși, einer der größten Bildhauer des 20. Jahrhunderts, erschuf ‚The Sleeping Muse‘ im Jahre 1910, nachdem er seine berühmte Bronzeskulptur ‚Der Beginn der Welt‘ kreiert hatte, auch ‚Das Ei von Brâncuși’ genannt. Darin brachte Brâncuși räumliche Form zurück zur Urform, dem Ei. Er sah es als eine Metapher für die Form, aus der Leben entsteht. Das Werk ‚Sleeping Muse‘ wurde Anfang des 20. Jahrhunderte die archetypische moderne Form, die das Wesentliche und Schlichte ausstrahlt.
Die sanften und sinnlichen Formen und der Gesichtsausdruck kontrastieren mit der straff ausgearbeiteten Struktur der Haare.
John Isaacs ließ sich durch diese Skulptur zu einer eigenen Version inspirieren. Bei der Erstellung des Tonmodells fiel dies jedoch in sich zusammen. Dieses ‚defleated‘ oder ‚entleerte‘ Modell führte den Künstler in eine andere Richtung. Das Objekt wurde zu eine metaphorischen Anspielung auf verflogene Träume… Anstelle der Ruhe und des Friedens, die Brâncușis Werk ausstrahlen, stellt Isaacs eine Verbindung mit der Gedankenlosigkeit her, mit der wir in das heutige Zeitalter hineingehen. Das führte zu dem Titel ’Sleepwalking into the Antropocene’.
Auch bei Isaacs Kunstwerk ist der ruhige und friedliche Ausdruck in dem glatten Gesicht noch wahrnehmbar. Aber die Perfektion ist verschwunden… Beim näheren Herangehen sieht der aufmerksame Betrachter in den Haaren rohe Strukturen und Spuren, nicht durch Werkzeuge gemacht, sondern durch Reifen von Spielzeugautos und andere von Menschenhand geschaffenen Dingen. Auch hier hinterlässt der Mensch seine Spuren in der Natur… Das heutige Zeitalter des Anthropozäns ist das Zeitalter der Herrschaft des Menschen über die Natur und seines verantwortungslosen Umgangs mit der Welt.
Das diesjährige Thema des Versuchsfelds Kunst und Landschaft ist das Verhältnis zwischen Mensch und Landschaft. Besucher die dem Lauf der Vechte über den Berkummerdijk folgen, können hier bei einer Ruhepause die atembenehmende Natur der Flusslandschaft in sich aufnehmen. Und - so hofft Isaacs - sich in diesem Besinnungsmoment Gedanken machen über das Verhältnis zwischen Mensch und Natur. Denn dieses Kunstwerk will – wie der Titel schon vermuten lässt – Denkanstöße geben.